Rund-um-die-Uhr
selbstbestimmt durch 24-Stunden-Assistenz

24-Stunden-Assistenz ermöglicht es dem Assistenznehmer, den Alltag in der eigenen Wohnung oder in geeigneten Wohnformen selbstbestimmt zu gestalten. Unterstützung kann alle Lebensbereiche umfassen, auch nachts. Organisiert wird die Versorgung in Schichten mit verlässlichen Teams, häufig 5–7 Assistenten plus Springer. Anspruch und Umfang werden im Bedarfsermittlungsverfahren festgelegt. Finanziert wird die Leistung je nach Situation über die Eingliederungshilfe und häufig ergänzend über Hilfe zur Pflege; das persönliche Budget ermöglicht die direkte Finanzierung der Assistenz

Inhaltsverzeichnis

24-Stunden-Assistenz verstehen: Ziel und Alltagspraxis

24-Stunden-Assistenz bedeutet, dass der Assistenznehmer Rund-um-die-Uhr die notwendige Unterstützung erhält, um Entscheidungen, Tagesablauf und Lebensführung selbst zu bestimmen. Die Hilfe reicht von Haushalt und Mobilität über Freizeit bis zu pflegerischen Handlungen, wenn diese im Rahmen der Assistenz vereinbart sind. Entscheidend ist der klare Auftrag: Assistenz ermöglicht und begleitet, sie ersetzt nicht die Selbstbestimmung.

Lebensbereiche, die abgedeckt sein können 

  • Haushalt und Selbstversorgung wie Kochen, Wäsche, Ordnung, Einkaufen

  • Mobilität innen und außen inklusive Wegeplanung, Transfers, Begleitung

  • Kommunikation und Organisation wie Terminabsprachen, Vorlesen, Strukturierung

  • Pflegebezogene Handlungen nach Absprache wie Lagerungen in der Nacht oder Hilfe bei Medikamentengaben

  • Freizeit und soziale Teilhabe wie Hobbys, Besuche, Vereinsleben

     

Tag-und-Nacht-Versorgung: Schichtmodelle im Überblick 

  • Mehrere Schichten pro Tag, zum Beispiel Früh-, Spät- und Nachtdienst

  • 24-Stunden-Dienste mit einer Person, wenn tragfähig vereinbart

  • Hintergrund- und Bereitschaftszeiten für ruhige Nachtphasen, aktive Präsenz bei Bedarf

  • Teamgröße häufig 5–7 Assistenten plus Springer für Ausfälle und Urlaube

     

Wohnumfeld und Räume für Assistenten 

  • Rückzugs- und Pausenraum für Assistenten

  • Schlaf- oder Bereitschaftsraum bei Nachtpräsenz

  • Sichere Aufbewahrung für Arbeitsmaterial und Dokumentation

  • Barrierearme Wege, ausreichend Bewegungsfläche, gut erreichbare Sanitärbereiche

Anspruch auf 24-Stunden-Assistenz: Bedarfsermittlung und Kriterien 

Ob 24-Stunden-Assistenz notwendig ist, wird im Bedarfsermittlungsverfahren mit allen Beteiligten geklärt. Der Blick richtet sich auf die Lebensrealität des Assistenznehmers und darauf, ob ohne Unterstützung eine eigenständige, möglichst selbstbestimmte Lebensführung nicht erreichbar wäre.

Bedarfsermittlung: so läuft das Verfahren ab 

Typische Lebensbereiche im Verfahren 

  • Lernen und Wissensanwendung

  • Allgemeine Aufgaben und Anforderungen

  • Kommunikation

  • Mobilität

  • Selbstversorgung

  • Häusliches Leben

  • Interpersonelle Interaktion und Beziehungen

  • Bedeutende Lebensbereiche einschließlich Arbeit, Bildung, Tagesstruktur

  • Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben

Wann 24-Stunden-Assistenz wahrscheinlich ist 

  • Unterstützungsbedarf in allen oder sehr vielen Lebensbereichen

  • Nachts notwendige Handlungen wie Lagerung, Umlagerung, Toilettengänge, Medikamentengabe

  • Erhöhte Risiken ohne dauerhafte Präsenz wie Sturzgefahr, epileptische Anfälle, Beatmung

  • Hilfsmittel wurden ausgeschöpft, decken den Bedarf aber nicht ausreichend ab

24-Stunden-Assistenz zu Hause organisieren: Rollen, Abläufe, Qualität

Eine verlässliche 24-Stunden-Versorgung steht und fällt mit klaren Rollen, festen Routinen und einer schlanken Dokumentation.

Rollenverständnis: Assistenz ermöglicht, entscheidet aber nicht 

  • Der Assistenznehmer trifft Entscheidungen

  • Assistenten führen vereinbarte Handlungen verlässlich aus

  • Keine therapeutische oder medizinische Behandlung außerhalb des vereinbarten Rahmens

  • Grenzen der Rolle sind schriftlich festgehalten und für alle transparent

Dienstpläne und Übergaben im Team 

  • Dienstplan mit Vorlauf, Vertretungen klar benannt

  • Übergaben mit kurz notierten Schwerpunkten für den nächsten Dienst

  • Absprachen zu Nachteinsätzen, Weckzeit, Lagerungsintervallen, Notfallnummern

  • Regelmäßige Teamtermine für Feinabstimmung und Qualitätssicherung

     

Dokumentation mit Augenmaß 

  • Kurzprotokoll mit Datum, Besonderheiten, ggf. Vitalhinweisen, ohne sensible Details

  • Checklisten für wiederkehrende Abläufe wie Morgenroutine, Medikamenten-Reminder, Lagerungsrhythmus

  • Monatsübersicht, um Umfang und Wirksamkeit nachvollziehbar zu machen

Persönliches Budget, Kosten und Kostenträger: so wird 24-Stunden-Assistenz finanziert

Die Finanzierung setzt sich je nach Lebenslage aus Leistungen der Eingliederungshilfe und häufig der Hilfe zur Pflege zusammen. Das persönliche Budget ermöglicht, bewilligte Mittel direkt zur Organisation der Assistenz einzusetzen.

Wer zahlt was in der Praxis?

  • Eingliederungshilfe für Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und selbstbestimmtes Wohnen

  • Hilfe zur Pflege, wenn pflegerische Unterstützung in relevantem Umfang anfällt

  • Weitere Träger je nach Situation, beispielsweise für arbeitsbezogene Teilhabebedarfe

Persönliches Budget verständlich erklärt 

  • Bewilligte Summe wird dem Assistenznehmer für die Organisation der Assistenz bereitgestellt

  • Eigenständige Auswahl der Assistenten oder Beauftragung eines Dienstleisters

  • Verwendungsnachweise nach den vereinbarten Regeln, Transparenz über Stunden und Einsätze

Kostenfaktoren, die den Umfang beeinflussen 

  • Benötigte Präsenzzeiten tagsüber und nachts

  • Qualifikationsmix und Einarbeitungsaufwand im Team

  • Lage des Wohnortes und Erreichbarkeit

  • Notwendige Räume und Ausstattung für Bereitschaft und Pausen

Sicherheit in der Nacht: Präsenz, Bereitschaft, Notfallkonzept

Nachtdienste sind ein zentraler Teil der 24-Stunden-Assistenz. Sie werden passend zum Bedarf gestaltet.

Nachtmodelle sinnvoll wählen 

  • Aktive Nacht mit durchgehender Präsenz bei regelmäßigem Hilfebedarf

  • Rufbereitschaft bei einzelnen, klar definierten Handlungen

  • Kombination aus Ruhephase und definierten Lagerungsintervallen

     

Notfallmanagement und Deeskalation 

  • Ruf- und Alarmwege testen und schriftlich festhalten

  • Klare Reihenfolge der Schritte im Notfall mit Ansprechpartnern

  • Einweisung in Hilfsmittel und Besonderheiten wie Sauerstoff, Sonden, Antiepileptika

     

Teamaufbau und Einarbeitung: verlässlich vom ersten Dienst an 

Ein starkes Team bringt Planbarkeit und Ruhe in den Alltag.

 

Rekrutierung und Passung 

  • Auswahl nach Verlässlichkeit, Kommunikationsstil und Stressresilienz

  • Passung im Alltag wichtiger als formale Abschlüsse, sofern der Rahmen es zulässt

  • Klare Erwartungen an Pünktlichkeit, Schweigepflicht und respektvollen Umgang

     

Einarbeitung strukturiert gestalten 

  • Hausbegehung, Wege, Schlüsselpunkte des Tagesablaufs

  • Sicherheitsregeln, Hygienestandards, Handgriffe, Lagerungen

  • Probe-Schichten mit Feedback und kurzer Checkliste

Voraussetzungen im Haushalt: was vor Start geklärt sein sollte

Damit die Versorgung funktioniert, braucht es klare Rahmenbedingungen:

Checkliste Wohnumfeld und Ausstattung 

  • Rückzugs- und Pausenraum für Assistenten

  • Ausreichend Platz für Transfers und Hilfsmittel

  • Sichere, gut beleuchtete Wege innerhalb der Wohnung

  • Stauraum für Verbrauchsmaterial und saubere Ablageflächen

     

Datenschutz und Privatheit wahren 

  • Klare Regeln zu Einsicht, Gesprächsführung und Telefonie im Dienst

  • Dokumentation außerhalb des Privatbereichs aufbewahren

  • Besuchs- und Ruhezeiten des Assistenznehmers respektieren

Antrag gut vorbereiten: von der Idee zur Bewilligung 

Ein sauber vorbereiteter Antrag spart Rückfragen und Zeit.

Bedarf überzeugend beschreiben 

  • Tagesablauf mit konkreten Handgriffen und Zeitansätzen

  • Begründung, warum Hilfsmittel alleine nicht genügen

  • Nachteinsätze und Sicherheitsaspekte konkret benennen

Beteiligte an einen Tisch holen 

  • Assistenznehmer, Familie oder Betreuer

  • Fallmanagement und beteiligte Kostenträger

  • Optional beratender Assistenzdienstleister

Häufige Stolpersteine und wie man sie vermeidet 

Typische Fehler im Aufbau der Versorgung 

  • Unklare Rollen und fehlende Aufgabenlisten

  • Zu kleine Teams ohne Springer für Ausfallzeiten

  • Keine festen Übergaben und zu wenig Dokumentation

Quick-Fixes aus der Praxis 

  • Rollen schriftlich festhalten und jährlich prüfen

  • Dienstplan mit Mindestteamgröße und Vertretungsregel

  • Übergabeblatt pro Schicht mit drei Kernpunkten

FAQ: Häufige Fragen zur 24-Stunden-Assistenz

Was unterscheidet 24-Stunden-Assistenz von Pflege oder Betreuung?

Assistenz ermöglicht die selbstbestimmte Lebensführung und führt vereinbarte Handlungen aus. Pflege oder Therapie werden nur insoweit eingebunden, wie sie im Rahmen der Assistenz vorgesehen sind oder durch andere Leistungssysteme abgedeckt werden.

Bekomme ich 24-Stunden-Assistenz auch, wenn ich mit Familie zusammenwohne?

Ja, der Anspruch richtet sich nach dem individuellen Bedarf. Familie kann unterstützen, ersetzt aber keine erforderliche, verlässlich organisierte Rund-um-die-Uhr-Präsenz, wenn diese notwendig ist.

Muss immer die ganze Nacht jemand wach sein?

Das hängt vom Bedarf ab. Bei einzelnen, planbaren Hilfen reicht eine Rufbereitschaft. Bei häufigen oder unvorhersehbaren Anforderungen ist eine aktive Nacht sinnvoll.

Wie groß sollte mein Team sein? 

Bewährt haben sich Teams mit 5–7 Assistenten plus Springer. Die genaue Größe hängt von Dienstdauer, Nachtmodell, Urlaubsplanung und Ausfallquote ab.

Kann ich das persönliche Budget mit einem Dienstleister kombinieren?

Ja. Das persönliche Budget kann genutzt werden, um selbst anzustellen oder einen Dienstleister zu beauftragen. Wichtig sind klare Verträge und nachvollziehbare Nachweise.